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Was ist OEE? Definition, Kennzahl, Berechnung, Benchmarks und Optimierung mit CMMS, Lean und TPM

Definition und Bedeutung der OEE

Die Overall Equipment Effectiveness (OEE), auf Deutsch Gesamtanlageneffektivität (GAE), ist eine Kennzahl zur Bewertung der Produktivität und Effizienz von Produktionsanlagen. Sie wird im Kontext von Lean Production, Kaizen und Total Productive Maintenance (TPM) verwendet, um Verschwendung sichtbar zu machen und Potenziale zur Optimierung von Produktionsprozessen zu identifizieren.
OEE beschreibt den tatsächlichen Nutzen einer Anlage im Verhältnis zu ihrer theoretisch möglichen Leistung. Die Kennzahl unterstützt Unternehmen dabei, fundierte Entscheidungen zur Steuerung von Anlagenauslastung, Produktionsplanung und Instandhaltungsstrategie zu treffen.

Wie wird die OEE berechnet?

Die OEE wird üblicherweise als Prozentwert angegeben. Sie setzt sich aus den Faktoren Verfügbarkeit, Leistung und Qualität zusammen. Jeder dieser Faktoren trägt dazu bei, Verschwendung im Fertigungsprozess zu identifizieren und auszuwerten.

Faktor Verfügbarkeit

Die Verfügbarkeit ergibt sich aus dem Verhältnis von tatsächlicher Betriebszeit zur geplanten Produktionszeit:
$$ \text{Verfügbarkeit} = \frac{\text{Tatsächliche Betriebszeit}}{\text{Geplante Produktionszeit}} \times 100\ $$
Formel zur Berechnung der Verfügbarkeit.

Faktor Leistung

Der Leistungsfaktor misst, wie nah die Produktion an der maximal möglichen Ausbringung liegt. Dabei wird die theoretisch mögliche Stückzahl bei optimaler Geschwindigkeit mit dem tatsächlichen Output verglichen:
$$ \text{Leistung}=\frac{\text{Ist-Ausstoß}}{\text{Maximal möglicher Ausstoß in der Laufzeit}}\times 100\ $$
Formel zur Berechnung der Leistung (Performance).

Faktor Qualität

Der Qualitätsfaktor zeigt den Anteil an einwandfrei produzierten Teilen. Gutteile ergeben sich nach Abzug der Anzahl Nacharbeitssteile und Ausschussteile:
$$ \text{Qualität}=\frac{\text{Gutteile}}{\text{Gesamtanzahl produzierter Teile}}\times 100\ $$
Formel zur Berechnung der Qualität.
Hinweis: Die hier dargestellte Berechnung des Qualitätsfaktors (Gutteile / Gesamtteile) gilt vor allem für die diskrete Fertigung, in der Produkte stückweise erfasst werden. In der Prozessindustrie wird der Qualitätsfaktor dagegen auf Basis von Mengen- oder Gewichtsverlusten (tatsächliche Ausbeute im Verhältnis zur theoretischen Ausbeute) oder anhand von Spezifikationsabweichungen (Charge innerhalb vs. außerhalb der Toleranzgrenzen) ermittelt.

Gesamtformel OEE

Die OEE ergibt sich aus der Multiplikation aller drei Faktoren:
$$ \mathrm{OEE} = \text{Verfügbarkeit} \times \text{Leistung} \times \text{Qualität} $$
Formel zur Berechnung der Gesamtanlageneffektivität (OEE).

OEE einfach erklärt – ein Rechenbeispiel

Ein Produktionsbetrieb plant pro Tag mit einer Schichtzeit von 480 Minuten. Aufgrund von Rüstvorgängen und Störungen läuft die betrachtete Anlage effektiv 390 Minuten. In dieser Zeit könnten bei optimaler Geschwindigkeit 1.000 Teile produziert werden. Tatsächlich wurden 850 gefertigt, davon 810 als Gutteile.

Die drei Faktoren berechnen sich wie folgt:

Daraus ergibt sich:
Das Ergebnis: Die Anlage konnte während der geplanten Tagesschicht zu knapp 66% unter Berücksichtigung von Stillständen, geringere Geschwindigkeit und Qualitätsverlusten produktiv genutzt werden.

Was ist ein guter OEE-Wert in der Praxis?

Ein OEE-Wert von 100% ist theoretisch erreichbar, würde jedoch bedeuten, dass eine Anlage ohne jegliche Stillstände mit maximaler Geschwindigkeit ausschließlich fehlerfreie Teile produziert. In der Realität ist ein solcher Wert nahezu nicht erreichbar, da in jedem Produktionsprozess unvermeidliche Verluste etwa durch Rüstzeiten, kleinere Stillstände oder Qualitätsabweichungen auftreten können.
In der Praxis gelten folgende OEE-Werte (Benchmarks) als optimal: 1
Diese Benchmarks sind jedoch stark kontextabhängig zu betrachten. Unterschiede in Anlagenlayout, Produkttyp, Automatisierungsgrad und Instandhaltungsstrategie führen dazu, dass ein OEE von 60% in einer Branche bereits ein sehr gutes Ergebnis sein kann, während in anderen Bereichen eine deutlich höhere OEE angestrebt wird.
Um OEE-Werte zu verbessern und im oberen Leistungsbereich zu erreichen, ist es entscheidend, die Ursachen für Verluste systematisch zu identifizieren und zu reduzieren. Im nächsten Abschnitt betrachten wir daher die häufigsten Verlustarten und ihre Wirkung auf Verfügbarkeit, Leistung und Qualität.

Häufige Ursachen für OEE-Verluste

Verluste in der OEE lassen sich in drei Hauptkategorien einteilen, die direkt mit den OEE-Faktoren Verfügbarkeit, Leistung und Qualität verknüpft sind. Diese Einteilung orientiert sich an den im Total Productive Maintenance (TPM) etablierten „Six Big Losses“.

Technische Verlustzeiten

Technische Verlustzeiten beeinflussen den Faktor Verfügbarkeit negativ.

Organisatorische Geschwindigkeitsverluste

Organisatorische Geschwindigkeitsverluste wirken sich negativ auf den Faktor Leistung aus.

Verluste durch Fehler

Verluste durch Fehler beeinflussen den Faktor Qualität negativ.
Die genannten Verlustarten verdeutlichen, an welchen Stellen in der Produktion Effizienzverluste entstehen. Um die wertschöpfende Betriebszeit gezielt zu steigern, ist es entscheidend, diese Verluste systematisch zu analysieren und durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren.
In der Praxis kommen hierfür vor allem Methoden aus dem Lean- und TPM-Umfeld zum Einsatz, wie etwa Rüstzeitoptimierung (Single Minute Exchange of Die, SMED), Arbeitsplatzorganisation und Qualitätsmanagement (5S und TQM) sowie autonome und vorbeugende Instandhaltung. Die Senkung der Mean Time to Repair (MTTR) spielt dabei eine zentrale Rolle und kann dabei durch moderne Instandhaltungssoftware (Computerized Maintenance Management Systems, CMMS) unterstützt werden.

Methoden zur Verbesserung der OEE

Die Steigerung der OEE erfordert ein systematisches Vorgehen, das an den Ursachen für Verfügbarkeits-, Leistungs- und Qualitätsverluste ansetzt. Während Lean- und TPM-Methoden den organisatorischen und technischen Rahmen schaffen, spielt heute insbesondere der Einsatz digitaler Instandhaltungssysteme eine zentrale Rolle.

Lean- und TPM-Methoden

Rüstzeitoptimierung (SMED): Durch strukturierte Umrüstprozesse wird die Maschinenstillstandszeit reduziert, was direkt die Verfügbarkeit erhöht. Ein Beispiel ist die Trennung von internen und externen Rüstvorgängen: Arbeitsschritte, die bisher während des Maschinenstillstands durchgeführt wurden, u. a. Werkzeugbereitstellung, Materialwechsel, Kalibrierung, werden soweit möglich in die laufende Produktionszeit verlagert. In der Praxis kann dies etwa durch standardisierte Werkzeugwagen, schnellspannende Vorrichtungen oder vordefinierte Materialsets erreicht werden.
Arbeitsplatzorganisation (5S) und Qualitätsmanagement (TQM): Durch die 5S-Methode (Sortieren, Systematisieren, Säubern, Standardisieren, Selbstdisziplin) werden Arbeitsplätze so gestaltet, dass Werkzeuge, Materialien und Informationen jederzeit klar zugeordnet und leicht zugänglich sind. Beispiel: Werkzeuge sind in fest definierten Halterungen am Arbeitsplatz angeordnet, was Suchzeiten reduziert und Bedienfehler minimiert.
Integration von TQM: Im Rahmen des TQM (Total Quality Management) werden Qualitätsprüfungen in den Prozess integriert. Beispiel: Prüfstationen direkt an der Fertigungslinie erkennen Abweichungen frühzeitig, wodurch Ausschuss und Nacharbeit reduziert werden.
Autonome und vorbeugende Instandhaltung: Im Rahmen des TPM übernehmen Maschinenbediener eigenständig einfache Wartungs- und Kontrollaufgaben (autonome Instandhaltung). Beispiel: Tägliche Sichtkontrollen, Schmierung oder Reinigung von Maschinen verhindern das Entstehen kleiner Störungen und verlängern die Lebensdauer der Anlagenkomponenten.
Die vorbeugende Instandhaltung umfasst geplante Wartungsmaßnahmen, die auf festen Intervallen oder Laufzeiten basieren. Beispiel: Austausch von Verschleißteilen nach definierten Zyklen verhindert ungeplante Stillstände. Beide Ansätze zielen darauf ab, die Verfügbarkeit zu erhöhen, die MTTR zu senken und Folgekosten durch Ausfälle zu vermeiden.

Einsatz von Instandhaltungssoftware (CMMS)

Instandhaltungssoftware (Computerized Maintenance Management Systems, CMMS) stellen einen wichtigen Hebel zur Verbesserung der OEE dar, weil sie direkt auf die drei Einflussgrößen Verfügbarkeit, Leistung und Qualität einwirken. Technisch und organisatorisch in die Betriebsprozesse integriert, verkürzen sie Stillstände, senken Reaktionszeiten und helfen, ungeplante Ausfälle zu vermeiden.
Typische CMMS Funktionen und ihr direkter Beitrag zur OEE
In der von Plant Engineering (2021) durchgeführten Studie „Industrial Maintenance Report“ wurden 203 Instandhaltungsverantwortliche zu Instandhaltungsstrategien und den Vorteilen des Einsatzes von Tools befragt. 60% der Teilnehmer gaben an, dass die Nutzung eines CMMS die Produktivität verbessert und einen positiven Effekt auf die OEE hat.2 75% berichteten zudem von Vorteilen für die Kosteneffektivität, rund die Hälfte nannte außerdem Verbesserungen der Gesamteffizienz und Sicherheit.

Wirtschaftliche und organisatorische Vorteile einer OEE-Optimierung

Die Verbindung klassischer TPM-Methoden mit leistungsfähiger Instandhaltungssoftware ermöglicht es Unternehmen, die wertschöpfende Betriebszeit gezielt zu erhöhen. CMMS-Software reduziert OEE-Verluste, indem sie Wartungsprozesse standardisiert und die Reaktion auf Störungen beschleunigt. Produktionsmitarbeiter können dabei aktiv in die Fehlerbehebung eingebunden werden, was Ausfallzeiten zusätzlich verkürzt.
Eine höhere OEE steigert nicht nur die Produktivität, sondern senkt auch die Stückkosten, da entweder in der gleichen Zeit eine größere Menge produziert oder die gleiche Menge in kürzerer Zeit erreicht wird. Darüber hinaus sichert sie die Planbarkeit von Aufträgen durch stabile und verlässlichere Produktionsabläufe.